29. September 2010: Tragschrauber für die Polizei statt Hubschrauber?
Im Landtag setzt sich die SPD-Opposition derzeit mit der Landesregierung über die notwendige Ersatzbeschaffung von Polizeihubschraubern und einem Aufklärungsflugzeug des Feuerwehrflugdienstes Niedersachsen auseinander.
Polizeihubschrauber kosten mehrere Millionen Euro, schließlich müssen sie mit Nachtsichtgeräten, Wärmebildkameras und weiteren Hightech-Instrumenten ausgestattet sein. CDU-Innenminister Schünemann prüft daher zurzeit die Reduzierung der Anzahl der Hubschrauber und stellt auch den Standort der Polizeihubschrauberstaffel Rastede bei Oldenburg zur Debatte.
Das geht den Innenpolitikern der SPD zu weit. Sie fragen sich, wer zukünftig den Verkehr überwachen und vor allem notwendige Personensuchen leisten soll. Gemeinsam mit dem Landesfeuerwehrverband bemängelt die SPD-Fraktion darüber hinaus, dass es wegen des fehlenden Feuerwehr-Flugzeuges seit geraumer Zeit keine Waldbrand-Überwachung im Westen Niedersachsens mehr gibt.
„Für Aufklärungsflüge könnten sich auch die Tragschrauber der Firma Auto-Gyro eignen“, spekuliert der innenpolitische Sprecher Klaus-Peter Bachmann. Zusammen mit seinen Kollegen Sigrid Leuschner, Jutta Rübke, Jürgen Krogmann und Karl-Heinz Hausmann ließ sich Bachmann vom Vertriebsleiter Guido Platzer die Eigenschaften des Tragschraubers erklären. „Ein Calidus kann 560kg tragen“, erläuterte Platzer, „er bleibt bis zu vier Stunden in der Luft und hat eine Reichweite von 400 Kilometern“. Im Gegensatz zu Hubschraubern benötige der Tragschrauber aber eine Startbahn von mindestens 50 Metern und könne in der Luft nur bei Windgeschwindigkeiten von 30km/h einen Schwebezustand erreichen. Dafür, so Platzer weiter, würden die Anschaffungs- und Betriebskosten gegenüber einem Hubschrauber bei etwa 10 Prozent liegen.
Um den Tragschrauber für polizeiliche Zwecke einsetzen zu können, müssten jedoch die Aufklärungsgeräte der Polizei im Calidus einen Platz finden, gab Bachmann zu bedenken. „Technisch ist das machbar“, entgegnete Platzer, „aber leider ist der Calidus in Deutschland nur mit einem Gewicht von maximal 450 Kilo zugelassen.“ So sei es schwierig, zusätzliche Geräte im Tragschrauber zu transportieren, ohne gesetzliche Gewichtsbeschränkungen zu verletzen. Allerdings habe die Polizei in Brandenburg den Calidus mit Hilfe einer Ausnahmegenehmigung für Testflüge eingesetzt und sei zufrieden gewesen.
Nach der Diskussion um die Leistungsfähigkeit des Tragschraubers führte Platzer die SPD-Abgeordneten durch die Produktionshallen der Firma. „Täglich stellen wir einen Tragschrauber her“, so Guido Platzer, „wir verkaufen den Calidus weltweit“. 90 Prozent aller Einzelteile stelle Auto-Gyro in eigener Produktion her. Vor allem Glasfaser und der Werkstoff Carbon würden in den selbst entwickelten Formen zum Einsatz kommen. „Wir beschäftigen rund 80 Mitarbeiter und drei Auszubildende“, berichtet Platzer, das Unternehmen wolle weiter wachsen.
Klaus-Peter Bachmann resümierte anschließend, dass er den Einsatz des Calidus bei der Polizei und Feuerwehr in Niedersachsen weiter prüfen lassen möchte: „Zumindest für Verkehrsüberwachungen und für Kontrollfüge in Waldbrandgebieten dürfte sich der Tragschrauber eignen.“ Die SPD-Landtagsabgeordneten zeigten sich zuversichtlich, dass die Ultraleicht-Flieger des Weltmarktführers eine sinnvolle und kostengünstige Ergänzung für Hubschrauberstandorte und den Feuerwehrflugdienst sein könnten.
Landrat Reiner Wegner (SPD) vom Landkreis Hildesheim, der die Abgeordneten bei dem Betriebsbesuch begleitete, stellte in Aussicht, dass sein Landkreis in absehbarer Zeit
einen Tragschrauber für den Brand- und Katastrophenschutz – in Zusammenarbeit mit der Berufsfeuerwehr Hildesheim – beschaffen wird. Bachmann begrüßte diese Initiative sehr, weil so im konkreten Einsatzfall auch in Niedersachsen Erfahrungen gewonnen werden können, die vielleicht landes- und bundesweit zu einer Beschaffungsinitiative führen. Bachmann will auch anregen, dass sich die Verantwortlichen des Feuerwehrflugdienstes einmal in Hildesheim informieren.