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Protest-Postkarten Übergabe Foto: MARTIN BAUMGARTNER / HK

23. März 2021: Erzieherinnen protestieren gegen das neue Kita-Gesetz - Karl Heinz Hausmann nimmt Protest-Postkarten entgegen

Kindergarten-Leiterinnen aus der Gemeinde Bad Grund überreichen Postkarten an Landtagsabgeordneten Hausmann und schildern die schwierige Lage in ihrem Beruf. Text: Martin Baumgartner

Eisdorf. Die Kindergarten-Leiterinnen aus der Gemeinde Bad Grund haben am Montag einen dicken Stapel mit Protest-Postkarten gegen das neue Niedersächsische Kita-Gesetz an den Landtagsabgeordneten Karl-Heinz Hausmann (SPD) übergeben, der sich das Anliegen der Erzieherinnen anhörte und versprach, es in Hannover vorzutragen. Gegen das geplante Kita-Gesetz regt sich massiver Widerstand im Land: Wohlfahrtsverbände, Elterninitiativen und Gewerkschaften fürchten um die Qualität der Kinderbetreuung. Die Diakonie hatte zu der Aktion mit den Postkarten aufgerufen und in der Gemeinde Bad Grund sei die Unterstützung auch von Eltern so groß, dass man gar nicht genug Postkarten habe auftreiben können, berichtet Andrea Stewers-Schubert vom Eisdorfer Kindergarten. Hausmann bestätigte dies, er habe bereits aus seinem ganzen Wahlkreis zahlreiche unterschriebene Karten erhalten.
Man wolle auf die schwierigen Bedingungen in den Kigas aufmerksam machen, sagte Stewers-Schubert: „Wir haben große Not, die Qualitätsstandards aufrechtzuerhalten und den Kindern die Betreuung zu geben, die sie brauchen. Wir müssen ständig am Limit arbeiten.“ Gerade die Corona-Pandemie habe offen zu Tage treten lassen, dass die Bedingungen, unter denen die Kinderbetreuung geleistet wird, nicht mehr haltbar seien.
„Wir hätten gern eine dritte Kraft in den Gruppen, das wäre eine große Entlastung“, nennt Petra de Vries vom Kindergarten in Gittelde eine konkrete Forderung. Der Betreuungsaufwand sei zu zweit kaum noch zu bewältigen. Und wenn dann jemand ausfalle, sei dies kaum zu kompensieren, bestätigt Yvonne Harenberg aus Windhausen. Ihre Einrichtung stehe gerade vor diesem Problem, weil eine Kollegin schwanger sei. Es sei extrem schwierig, Ersatz zu bekommen. „Es wird von uns immer erwartet, situationsorientiert zu arbeiten. Das würde ich mir mal von der Politik wünschen“, sagte sie. Die fünfte Kiga-Leiterin, Dagmar Roszak aus Bad Grund, musste kurzfristig den Termin absagen: Ein akuter Personalengpass.
„Der Kindergarten ist die erste Bildungseinrichtung. Aber dem können wir unter diesen Bedingungen nicht mehr gerecht werden“, bedauert Stewers-Schubert. Es seien immer mehr Aufgaben dazu gekommen. So wurde beispielsweise die frühkindliche Sprachförderung in die Verantwortung der Kindergärten übertragen, ohne diese dafür angemessen auszustatten. „Wir wurden damit allein gelassen“, sagt Katrin Fiebrich, Leiterin in Badenhausen. Auch das Zeitbudget für die Einrichtungsleitung sei angesichts des tatsächlichen Aufwandes und der bürokratischen Anforderungen mit gerade einmal 15 Stunden viel zu gering bemessen, sagt Fiebrich, die im vergangenen Jahr die Leitung des Badenhausener Kindergartens übernommen hat. Ein kleines Privat-Unternehmen mit einem vergleichbaren Personalbestand sei so nicht erfolgreich zu führen, sagt auch ihre Eisdorfer Kollegin.
Sie übe den Beruf seit 40 Jahren aus, so Stewers-Schubert. Immer noch gebe es die 25er Gruppen, doch die Qualitätsstandards und die Anforderungen seien enorm angestiegen – nicht aber der Personalbestand. „Es geht immer um Qualitätsmanagement und Gütesiegel, wir sollen immer mehr machen, aber haben dafür gar keine Zeit.“ Letztendlich gehe das alles auf Kosten der Gesundheit des Personals.
Die Erzieherinnen und Erzieher würden an der Belastungsgrenze arbeiten, waren sich die Vier einig. Die schwierigen Verhältnisse und auch die schlechte Bezahlung würden sich in einem akuten Fachkräftemangel bemerkbar machen. „Die Lobby für das Kita-Personal ist sehr schlecht“, findet Stewers-Schubert. Und Fiebrich ergänzt, die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher werde gesellschaftlich immer noch gering geschätzt. „Wir müssen um alles kämpfen“, sagt sie.

Bildunterschrift:

„Das neue Kita-Gesetz? Zum Heulen!“ ist der Slogan, der auf den Protest-Postkarten der Diakonie gegen die geplante Gesetzesänderung steht. Die Kindergarten-Leiterinnen aus der Gemeinde Bad Grund überreichten unterschriebene Karten an den Landtagsabgeordneten Karl Heinz Hausmann (SPD).
FOTO: MARTIN BAUMGARTNER / HK

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